"Die Goldköpfe" – das sind Kerstin und Stephan Klünemann. Eigentlich kommen sie aus der konventionellen Landwirtschaft, sind nun aber begeisterte Bio-Bauern und haben sich mit Naturland zertifizierten Chicorée eine Zukunft geschaffen. Wir von den Bioboten haben die beiden in ihrem neuen Wirkungskreis besucht und durften ihnen bei der Arbeit über die Schulter schauen.
Stephan Klünemann
Moin Stephan,
Danke, dass wir euch besuchen durften und so spannende Einblicke in eure Arbeit bekommen konnten. Gerne würden wir auch unseren Biokistlern mehr über euren Chicorée erzählen. Schön, dass du dir kurz Zeit nimmst, uns einige Fragen zu beantworten.
Wir würden gerne von euch wissen:
Magst du uns etwas zu der Geschichte des Hof Klünemann erzählen und wie ihr auf die Idee kamt, Chicorée in Niederlangen zu produzieren?
Gestartet sind Kerstin und ich 2015 in Groß Hesepe mit dem Bau von zwei konventionellen Putenställen auf dem Betrieb meiner Eltern, auf dem zu diesem Zeitpunkt bereits 200 Sauen gehalten wurden. Dann haben wir aber mit der Zeit festgestellt, dass das Geschäft mit den Sauen zu schwierig ist und haben somit 2018 beschlossen, dass dieser Betriebszweig für uns keine Zukunft hat. Das bestehende Gebäude wollten wir dann anders nutzen. Wir haben verschiedene Ideen durchdacht und wieder verworfen, da sie nicht umzusetzen waren. Nach längerer Überlegung und der Inspiration aus der Gemüsekiste unserer Nachbarn sind wir dann, erstmal nur aus Spaß, am Kaffeetisch auf den Chicorée gekommen. Wir haben uns erstmal mit YouTube-Videos zur Produktion informiert und sind dann darüber an den Kontakt der Wurzelherstellung gelangt. In den Niederlanden haben wir uns dann weiter über die Produktion informiert und haben schnell die Entscheidung getroffen, dass wir dies auch versuchen wollen.
Unser Ziel war es vorerst kleine Hofläden in der Region zu beliefern, jedoch haben wir mit unserem Partner zusammen gleich den Schritt in die größere Produktion gewagt. Im Februar 2019 sind wir mit der Produktion gestartet und haben damit auch den Grundstein für die Umstellung auf Bio gelegt. Im ersten Jahr der Produktion haben wir nach dem EU-Bio-Standard Chicorée produziert, jedoch sind wir relativ schnell umgeschwenkt und haben unseren gesamten Betrieb inklusive Ackerbau und Putenhaltung auf Bio umgestellt und uns Naturland zertifizieren lassen.
Nach dem erfolgreichen Start in dem alten Schweinestallgebäude wollten wir die Chicorée-Produktion weiter ausbauen und eine neue größere Treiberei auf einem neuen Gelände aufbauen. Dafür sind wir auf der Suche nach einem geeigneten Standort in Niederlangen fündig geworden und produzieren seit 2022 dort professionell und erfolgreich Bio-Chicorée. Mit unserer neugebauten Halle haben wir hier in Niederlangen eine der modernsten Treibereien Europas geschaffen.
Beschreibe unseren Kunden doch gerne einmal den Hof und eure Chicorée Produktion damit sie ein Bild von der Entstehung ihres Chicorées bekommen.
Grundsätzlich wird Chicorée bei uns in einer großen dunklen Halle produziert.
Chicorée ist eine 2-jährige Frucht die zuerst auf dem Acker als kleines Samenkorn in einer Dammkultur, sowie man es auch beispielsweise bei Kartoffeln kennt ausgesät. Die Pflanze des Chicorées bildet nach der Aussaat die Wurzel und sehr viel Blattmasse und sieht dem Löwenzahn ähnlich. Im November wird der Chicorée dann mithilfe eines etwas umgebauten Kartoffelroders aus der Erde geholt. Nach der Ernte wird er eingefroren. Dieser Prozess findet nicht bei uns statt, sondern wird von einem Partnerbetrieb in den Niederlanden übernommen.
Der gefrorene Chicorée kommt dann in großen Holzkisten zu uns nach Niederlangen und wird dann nach und nach, je nachdem wieviel wir in der nächsten Woche benötigen aufgetaut. Zum einen braucht der Chicorée den Frostreiz, um auszutreiben und zum anderen ist er somit lagerfähig und wir können ihn nach Bedarf produzieren.
Die Chicoréewurzeln werden in der sogenannten Pflanzlinie in große Kisten mit den Maßen 1,2 m x 1,2 m gestellt. Bis zu 12 Kisten werden dann gestapelt und kommen in den Treibraum, wo sie von oben mit Wasser versorgt werden. Sobald die oberste Kiste mit etwa zwei Zentimeter Wasser gefüllt ist, läuft das Wasser über und gelangt somit auch in die darunterliegenden Kisten. Unter der letzten Kiste läuft das Wasser dann über eine Rinne in ein unterirdisches, großes Becken zurück und wird von dort wieder hochgepumpt. Dieser Prozess findet im dunkel statt, da zum einem der Chicorée sonst grün und damit bitter werden würde. Zum anderen will man mit der Dunkelheit bezwecken, dass der Chicorée denkt, dass dieser noch unter der Erde wächst und somit verlängert dieser die Knospe, um aus der Erde zu kommen und die Blüte zu entwickeln.
Bevor der Chicorée auch trotz Dunkelheit die Blüte bilden würde, wird der Chicorée geerntet. Dabei ist dieser circa 15 Minuten am Licht und wird dann schnell wieder in Papier eingewickelt und in Kisten verpackt, damit er möglichst lange schmackhaft bleibt und nicht bitter wird.
Wir haben euren Chicorée ganz neu bei uns in unserem Sortiment. Kannst du uns verraten wie ihr den Chicorée produziert und welche Besonderheiten es dabei gibt?
Das besondere bei der Chicorée Produktion ist, dass der Prozess Größtenteils im Dunkeln stattfindet und bevor dieser bei uns auf den Tellern landet, eine zweijährige aufwendige Produktion dahintersteckt. Zudem werden auch die Wurzeln, die bei der Ernte abgetrennt werden, weiterverwendet. Die abgetrennten Wurzeln können nicht erneut eingepflanzt, jedoch werden diese in einer Biogas-Anlage eingesetzt wobei aus der Biomasse durch Gärprozesse zum einem Biogas und zum anderen Gärreste entstehen, die dann auf unseren Ackerflächen als Nährstoffdünger verwendet werden können.
Wie sehr spielt Nachhaltigkeit bei der Produktion eine Rolle? Chicorée braucht sehr viel Wasser bei der Herstellung, ist der dann überhaupt noch nachhaltig?
Bei uns spielt Nachhaltigkeit eine große Rolle. Wir produzieren auf unserem Hof selbst Strom, und zwar mehr als wir verbrauchen. Zusätzlich sind auch auf unseren Hallen in Niederlangen PV-Anlagen geplant, was sich jedoch durch Lieferengpässe etwas hinzieht.
Wir benötigen verhältnismäßig wenig Wasser für unseren Chicorée, da wir das Wasser wiederverwenden. Dadurch entsteht eine Art Wasserkreislauf, in dem das nicht benötigte Wasser in dem Becken unter den Kisten gesammelt, neu aufbereitet und mit Sauerstoff versetzt wird. Nur das Wasser, was der Chicorée tatsächlich aufnimmt, lässt man zusätzlich nachlaufen. Das bedeutet wir benötigen für 1 kg Chicorée etwa 2 bis 2,5 Liter Wasser.
Wie sieht ein typischer Arbeitstag bei euch aus?
Also so ein typischer Montag sieht bei uns so aus, dass wir mit der Produktion gegen 8:00 Uhr in der Halle beginnen. Zwei unserer Mitarbeiter pflanzen den aufgetauten Chicorée und schaffen es, am Tag 3 Holzkisten zu bepflanzen. Gleichzeitig fange ich mit vier Mitarbeitern an den Chicorée zu ernten. Die Ernte ist aufwendiger, weshalb auch mehr Mitarbeiter für diesen Arbeitsschritt benötigt werden. Zuerst wird der Kopf von der Wurzel mithilfe einer Maschine getrennt, dann wird der Kopf kontrolliert. Nachdem die einwandfreie Qualität festgestellt wurde, wird dieser verpackt und auf Paletten für den Weitertransport vorbereitet.
Zusätzlich gehe ich jeden Tag zweimal alle Treibräume durch und schaue mir jeden Chicorée an, überprüfe die Temperatur, kontrolliere das Wachstum und gebe acht darauf, dass der Chicorée nicht von Pilzen befallen ist.
Euer Chicorée wird aufwendig hergestellt. Habt ihr dafür Unterstützung von Mitarbeiter:innen oder macht ihr alles selbst?
Nein, wir haben acht festangestellte Mitarbeiter, die uns in vielen Bereichen unterstützen. Viele kommen direkt aus Niederlangen. Aber auch unsere Mitarbeiter, die schon in Groß Hesepe angestellt waren, unterstützen uns jetzt hier in Niederlangen. Wir versuchen zudem auch Menschen aus sozial benachteiligten Bereichen eine Chance zu geben. Zusätzlich haben wir aktuell auch zwei Personen mit einer leichten Behinderung/Einschränkung eingestellt.
Wir sind rundum zufrieden mit unserem Team und auch unsere Mitarbeiter, so nehmen wir es zumindest wahr, fühlen sich wohl.
Wer hatte die Idee zu dem schönen Namen „Goldköpfe aus Niederlangen“? Dazu gibt es sicher doch eine schöne Geschichte.
Ja, ich saß mit meiner Frau zusammen beim Kaffee oder beim Glas Wein, da bin ich mir gar nicht mehr ganz sicher, und sind dann eher pragmatisch aufgrund des Aussehens des Chicorées auf den Namen „Goldköpfe aus Niederlangen“ gekommen.
Für uns hörte sich der Name vernünftig und auch wertig an.
Wie sollten unsere Kunden euern Chicorée am besten lagern, damit dieser besonders lange so frisch und knackig bleibt?
Am besten den Chicorée in einem leicht feuchten Tuch eingewickelt in der Gemüseschublade im Kühlschrank lagern. Bei optimalen Bedingungen hält der Chicorée sich dann bis zu 10 Tage.
Ihr habt mit dem Hof Klünemann wirklich was Großartiges aufgebaut. Habt ihr trotzdem noch Wünsche für die Zukunft?
Wir haben noch weitere Projekte im Kopf, die wir auch gerne noch realisieren würden. Die nächsten 1,5 Jahre steht aber aktuell noch auf dem Plan die neue Halle ans Laufen zu bekommen. Dennoch sind wir bereits in der Planungsphase einer Beerenplantage und wollen dort gerne Felsenbirnen anbauen und diese sowohl als frische Beeren aber auch als Konfitüre vermarkten. Dieses neue Projekt baue ich zusammen mit meinem Schwager auf und vielleicht kann der Kunde des Bioboten sich auch schon bald auf Marmelade und Beeren von uns freuen.
Danke dir für das tolle Interview! Wir freuen uns auf die weitere Zusammenarbeit mit Euch!
Wer Lust hat, den tollen Chicorée von Stephan und
Kerstin zu probieren, kann ihn hier entdecken.